Im September 2014 ist mein Buch:
" Das blinde Pferd, Haltung, Pflege und Arbeit".
Verlag; ibidem
erschienen.
Es ist in (fast) allen Buchhandlungen und Internetportalen
zu erhalten.
Hier ein kleiner Einblick in das Buch:
..."Dieses Buch soll Menschen helfen, die sich in einer
ähnlichen Situation wie ich befinden, Menschen, die sich neuen
Dingen öffnen können, nicht aufgeben wollen, Hoffnung
tragen.
Nantan hatte schon immer ein großes Herz und viel Le-
bensmut. Aber ich wusste nicht, ob er auch als blindes Pferd zu-
rechtkommen würde. Dennoch – ich entschied mich für ihn.
Es war der einzig richtige Weg
und im Nachhinein ein großes Geschenk an mich.
Ich stehe nicht allein da. Es gibt viele Menschen, denen es ähn-
lich erging und die diese Chance genutzt haben.
Wichtig ist es, dem Pferd
Zeit und Raum zu lassen, sich an seine neue Umgebung und
den (neuen) Halter zu gewöhnen.
Bringen Sie es zu Beginn in den Stall, wo es sicher und
räumlich begrenzt ist. Dort kann es sich der Dunkelheit anpas-
sen. Anfangs kann sein Verhalten beunruhigend wirken. Nach
einer gewissen Zeit wird aber alles zur Routine werden, und Sie
werden merken, dass die Haltung eines blinden Pferdes gar
nicht so viel von der gesunder Pferde abweicht.
Manchmal ist es sogar einfacher, aber auf jeden Fall ist es
die Arbeit wert"...
Kurzfassung des Buches und gleichnamiger Artikel in der "Horseman"(Text geschützt !)
Wege durch die Dunkelheit - wenn das eigene Pferd erblindet
Von Ellen Drost
Die Haltung eines blinden Pferdes ist schon eine Herausforderung - allein die Vorstellung ist für viele unmöglich. Immer wieder stoße ich auf Unverständnis, welches nachvollziehbar ist, angesichts der Tatsache, dass Pferde Fluchttiere sind und ihr Fluchtverhalten maßgeblich mit dem Sehen zusammenhängt. Aber genau das ist der Punkt: Den Pferden fehlt ein Sinn und genau das macht es auch gegenüber visuellen Reizen unempfindlich. Es lernt, nach einer gewissen Anpassungs- und Gewöhnungszeit, die verbliebenen Sinne zu erweitern und zu verfeinern. Blinde Pferde hören, riechen und fühlen besser; es entsteht sogar der Eindruck eines „inneren Auges“. Mit Verlust des Augenlichts, fehlt auch eine Form der Ablenkung: Das Pferd ist konzentrierter bei der Arbeit und lässt sich eher auf mich ein. Aber bis es soweit ist, müssen noch viele Steine aus dem Weg gerollt werden.
Die Haltung von blinden Pferden
Besonders wichtig ist der Zeitpunkt der Erblindung: Ist das Pferd plötzlich erblindet oder nach und nach? Oft bemerken die Besitzer die Erblindung ihres Pferdes nicht, bis es letztendlich dann gar nichts mehr sieht. Diese Pferde kommen meist sehr gut mit ihrem Handicap zurecht, was bei einer plötzlichen Erblindung nicht unbedingt der Fall ist. Deshalb ist es wichtig, dem Pferd Sicherheit zu vermitteln. Zu Beginn bringe ich das Tier an einen sicheren Ort (eine Box oder ein fest eingezäunter Paddock) und polstere Kanten, Türschrägen oder ähnliches mit alten Autoreifen oder Schaumgummirollen ab. Anschließend entferne ich scharfe oder spitze Gegenstände und stelle einen Pferdefreund in Hör-, Riech- und Fühlweite. Die ruhigen Atemgeräusche und Bewegungen des Artgenossen entspannen das blinde Pferd. Durchgänge kann ich mit Veränderungen des Untergrunds markieren, das können Gummimatten oder Rasenteppiche sein, welche im Durchgang positioniert werden. Das Pferd fühlt und riecht die Veränderung des Untergrundes und verknüpft diese mit dem Eingang. Um positive Erfahrung zu sammeln und dem Pferd die Scheu zu nehmen, führe ich es mehrmals täglich durch diese schwierigen Passagen.
Damit das blinde Pferd einen Grund darin sieht, diese Passagen auch ohne Hilfestellung zu durchqueren, müssen die Bereiche davor und dahinter interessant gestaltet sein, beispielsweise mit Heu in der Box und Wasser auf dem Paddock. Die Futter- und Wasserstellen müssen frei zugänglich sein, auch hier kann man mit unterschiedlichen Böden arbeiten. Alles, was sich als Pferdeboden eignet und einen Unterschied in der Erkennung bietet, kann verwendet werden: Sand, Teppich, Holzspäne, Bodenplatten, etc. Bei der Offenstallhaltung sollte allerdings darauf geachtet werden, dass die verwendeten Gegenstände und Böden der Witterung ausgesetzt sind und dieser auch widerstehen müssen, um eine dauerhafte Erkennungsmöglichkeit für die Pferde zu bieten.
Um das Verhalten meines Pferdes verstehen und gegebenenfalls darauf eingehen zu können, führe ich es mehrmals täglich an alle neuen Orte und vergewissere mich, dass es die notwendigen Anforderungen hierfür später auch alleine vollbringen kann. Routine sowie die dazugehörige nötige Geduld sind sehr wichtig im Umgang mit blinden Pferden. Hat sich das Pferd an die neuen Umstände gewöhnt, können Spaziergänge helfen, das Umfeld neu kennen zu lernen. Ob und wann das Pferd nach der Erblindung wieder die Koppel kann, ist von Pferd, Halter aber auch der Einzäunung der Koppel abhängig. Eine feste Einzäunung, zum Beispiel aus Holz, ist prinzipiell einem stromführenden Zaun mit Litze vorzuziehen. Ich benutze beides, da es auch sehr stark vom jeweiligen Pferdetyp abhängt. Neue, gerade erst erblindete oder schwierige Pferde stehen bei mir auf einer kleineren, geraden Weide ohne Bäume und Unebenheiten. Diese ist von einem Holzzaun eingefasst, welcher oberhalb mit einem Kunststoffband abschließt. So können sie auch mal dagegen kommen, ohne dass gleich etwas kaputtgeht und sie sich verletzen; auch erschrecken sie sich nicht so sehr, da sie keinen Stromschlag abbekommen. Auf dieser Koppel habe ich meistens nur Pferdepaare stehen, die sich gut verstehen. Ein Glöckchen am Freund, erleichtert dem Blinden das Wiederfinden. Routiniertere Pferde stehen bei mir in der Herde, wo die Weiden mit Litze eingefasst sind. Diese Pferde spüren den Zaun und wissen genau, wo sie sich befinden. Zudem sind die Weidepartner sehr sozial und bieten den blinden Pferden Schutz und die nötige Sicherheit. Hier befinden sich auch Bäume und Unebenheiten, welche die Pferde kennengelernt haben und wissen, wo sie sind. Sie haben sich mit der Zeit eine Art Karte im Kopf dafür angelegt haben.
Auf einer neuen Weide sollte man sich auf jeden Fall zu Beginn viel Zeit nehmen, diese erst einmal mit Seil oder Longe abzulaufen und den Zaun akustisch zu kennzeichnen. Anfangs kann man den Zaun beispielsweise in regelmäßigen Abständen abklopfen und später diesen eventuell mit Flatterbändern markieren. Wasserstellen oder Heuraufen müssen auch auf der Weide frei und leicht zugänglich stehen, am besten in der Nähe von großen Ein- und Ausgängen. Auch hier können bestimmte Bereiche akustisch, olfaktorisch oder taktil hervorgehoben werden. Duftbäumchen, Windspiele oder die bereits erwähnten Bodenänderungen werden zum Beispiel direkt an den jeweiligen Orten angebracht bzw. verbaut, um dem Pferd das (Wieder-)Finden zu erleichtern. Bei Sturm, Wind oder starkem Regen stalle ich meine Pferde auf, da sie sonst desorientiert sind. Durch die lauten Geräusche sind sie ihrer Akustik beraubt und können panisch reagieren oder in das typische „Kreise laufen“ verfallen.
Bodenarbeit mit blinden Pferden
Oft wirken blinde Pferde unruhig. Dem kann man entgegenwirken, indem man seinen blinden Freund physisch wie auch psychisch beschäftigt. Nur auf der Weide zu stehen, reicht den blinden Pferden häufig
nicht. Bodenarbeit und Gymnastizierung schulen das eigene Körpergefühl, die Konzentrationsfähigkeit und vor allem das Vertrauen in den Menschen. Hindernisse fördern die Trittsicherheit und Longieren
begünstigt die Ausbildung der Balance. Hierbei sind die Doppellonge sowie der Langzügel sehr hilfreich, da sie dem Pferd einen Rahmen geben. Unterstützend wirken dabei auch Körperbänder, durch die
das Pferd eine noch stärkere Begrenzung des eigenen Körpers erhält. Das klassische Longieren ist für ein ungeschultes blindes Pferd sehr schwierig. Ich variiere deshalb immer etwas und nutze
verschiedene Techniken. Gute Erfahrungen habe ich mit einer zusätzlichen Halsführung gemacht, bei der dem Pferd einfach ein Seil um den Hals gelegt wird, an dem die Longe befestigt ist. So erhält das
Pferd nicht nur Signale über den Kopf, sondern auch über den Hals, wodurch die Gefahr des „nach innen Ziehens“ reduziert wird.
Die nötige Sicherheit vermittle ich meinem Pferd durch eindeutige Stimmsignale, die von Anfang an mit in das Training integriert werden. Mit diesen gezielt ausgesuchten und gut einprägsamen Kommandos kann man direkt auf sein Pferd einwirken und so Richtung sowie Tempo vorgeben, auf Hindernisse aufmerksam machen oder diese überwinden. Mit Hilfe meiner Stimme kann ich mein Pferd auf Distanz lenken, die Richtung vorgeben und Dinge „zeigen“. Besonders hilfreich sind solche Kommandos später auch im Gelände. Die üblichen Befehle wie „Stopp“ oder „Steh“ sind unerlässlich, dazu können aber auch noch eine Vielzahl weiterer Befehle kommen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie gut die Pferde die Hilfen annehmen und Spaß an der Arbeit entwickeln.
Nach und nach versuche ich mich in der Lautstärke der Stimmsignale zurück zu nehmen und spreche nur noch leise. Das Pferd muss sich so stärker auf mich konzentrieren und zuhören lernen; mein darauffolgendes Lob bestärkt und motiviert es. Ich benutze im Training nicht nur Wortkommandos, sondern auch Zischlaute oder Pfeiftöne. Wichtig ist hier die Kontinuität: Kommandos müssen immer gleich besetzt sein und dürfen nicht verwechselt werden, nur so wird das Vertrauen gefördert und dem Pferd Sicherheit vermittelt. Ich mache ein solches Training auf unserem Reitplatz, da meine Tiere hier die Möglichkeit haben, sich frei zu bewegen und ohne Hilfsmittel zu laufen. Spaziergänge mit vielen unterschiedlichen Böden unterstützen die Trittsicherheit sowie die Balance, was wiederum Sicherheit gibt. Weitere Trainingsmöglichkeiten für Sicherheits- und Körpergefühl sind das Klicker-Training sowie die Zirzensik. Wichtig hierbei ist das vorherige Aufwärmen des Pferdes und die Lektionen kurz zu halten. Insbesondere untrainierte blinde Pferde neigen beim Longieren häufig zu Schwindel und sind leicht überfordert. Ein wichtiges Hilfsmittel bei der gesamten Arbeit vom Boden aus ist die Gerte, die mein Pferd auf Distanz hält und das Arbeiten am Pferd generell erleichtert.
Blinde Pferde reiten
Natürlich reite ich auch! Anfängliche Gleichgewichtsstörungen reduzieren sich durch Wiederholungen und allmähliche Steigerung des Schwierigkeitsgrades. Zu Beginn reicht es schon, eine Runde geführt über den Platz zu reiten. Wenn das Vertrauen stimmt und die körperlichen Voraussetzungen erfüllt sind, steht einem „normalen“ reiten in allen Disziplinen des Reitsportes auch mit einem blinden Pferd nichts im Weg.